Übersicht zu Forschungsaktivitäten
In Zusammenhang mit dem > medienpädagogischen Landjugendprojekt „Wir machen uns unseren eigenen Bilder!“ (1986-1989), das zum Gegenstand meiner Promotionsstudie wurde (Niesyto 1991), entwickelte ich das Interesse an medienpädagogischer Forschung und Theoriebildung.
Während meiner Professur an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg führte ich mehrere Forschungs- und Entwicklungsprojekte durch, darunter zwei größere internationale Praxisforschungsprojekte (> VideoCulture und > CHICAM). Ein zentrales Anliegen war die Förderung von Theorie-Praxis-Kontexten, insbesondere im Rahmen > medienpädagogischer Praxisforschung. Methodisch standen im Rahmen eines > sozial-ästhetischen Ansatzes die Interpretation von medialen Eigenproduktionen von Kindern und Jugendlichen und die Entwicklung > visueller Forschungsmethoden (lebensweltorientierte Bild- und Filmhermeneutik) im Vordergrund der Forschungsarbeit.
Zu den Grundannahmen meiner Forschungsarbeit gehörte seit den 1990er Jahren die These:
Wer in der heutigen Mediengesellschaft etwas über die Vorstellungen, die Lebensgefühle, das Welterleben von Kindern und Jugendlichen erfahren möchte, der sollte ihnen die Chance geben, sich – ergänzend zu Wort und Schrift – auch mittels eigener, selbst erstellter Medienproduktionen auszudrücken und diese zum Gegenstand von Forschung machen.
Diese These hat durch die digitale Transformation und die Veröffentlichung von medialen Eigenproduktionen auf Internetplattformen weiter an Relevanz gewonnen. Mit Blick auf die medienpädagogische Praxis gaben die Forschungsarbeiten u.a. Impulse für die (Weiter-)Entwicklung einer interkulturellen und milieusensiblen Medienpädagogik.
In der Theoriebildung und der medienpädagogischen Konzeptionsentwicklung sind vor allem Analysen und Überlegungen zu folgenden Themen zu nennen:
- zur kritischen Analyse der gesellschaftlichen Medienentwicklung > Medien und Wirklichkeitserfahrung > digitaler Kapitalismus
- zu Fragen der > Mediensozialisation und sozialen Benachteiligung
- zur Exploration jugendkulturellen Symbolmilieus > sozial-ästhetischer Ansatz
- zu einer milieusensiblen Medienbildung > aktive Medienarbeit > interkulturelle Medienbildung > Filmbildung
- zur Medienkritik in pädagogischen Kontexten > Medienkritik > politisch-kulturelle Medienbildung
Die folgenden Projekte wurden jeweils mit Drittmitteln durchgeführt und nahmen einen besonderen Platz in der Forschungs- und Entwicklungsarbeit der Abteilung Medienpädagogik an der PH Ludwigsburg ein:
Digitales Lernen Grundschule – Stuttgart/Ludwigsburg (2016-2019)
Medienpädagogisches Entwicklungsprojekt in Zusammenarbeit von mehreren Abteilungen der PH Ludwigsburg und der Rosenstein-Grundschule in Stuttgart. Studierende in der Grundschullehrerbildung erarbeiteten verschiedene Konzepte für einen pädagogisch sinnvollen Einsatz digitaler Medien in der Grundschule. Die Studierenden konnten die Konzepte in der Schule erproben und ihre Erfahrungen in Hochschulseminaren auswerten. Gefördert durch die Deutsche Telekom Stiftung. Mehr Informationen
Mediendidaktische Grundlagen für Realschulen im E-Learning-Kontext (2007-2010)
Forschungsprojekt im Rahmen eines Doktorandenkollegs in Baden-Württemberg. Im Rahmen des Projekts wurde ein Online-Kurs „Mediendidaktik“ für Lehramtsstudierende entwickelt und evaluiert. Übergeordnetes Ziel war es, Studierende im Sekundarschulbereich mit medial-didaktischen Grundsätzen und Arbeitsweisen im E-Learning-Kontext vertraut zu machen und sie in die Lage zu versetzen, handlungsorientierte und schülerzentrierte Lehrmethoden mittels E-Learning in exemplarisch ausgewählten Inhaltsbereichen zu entwickeln. Förderung durch das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg. Mehr Informationen
CHICAM: Children in Communication about Migration (2001-2004)
CHICAM gab 10-14-jährigen Kindern, die im Kontext von Migration oder Flucht in verschiedenen Ländern Europas lebten, die Möglichkeit, sich mittels Fotografie, Video und Internet mit der eigenen Lebenssituation auseinanderzusetzen und Erfahrungen über Ländergrenzen hinweg auszutauschen. Das Projekt hatte mehrere Leitziele, die auf einzelne Themenfelder konzentriert wurden: Exploration von Peergroup-Beziehungen, Erfahrungen der Kinder mit Schule und Familienbeziehungen sowie die Analyse von Medienproduktionen und der damit verbundenen Möglichkeiten für interkulturelle Kommunikation. Beteiligt waren Kinder und Projektmitarbeiter*innen aus Deutschland, Griechenland, Großbritannien, Italien, Niederlande und Schweden. Finanzierung durch die EU, 5. Forschungsrahmenprogramm. Mehr Informationen
VideoCulture – Video und interkulturelle Kommunikation (1997-2000)
Internationales Forschungsprojekt, das sich zum Ziel gesetzt hatte, das Potenzial von Video als Mittel der interkulturellen Kommunikation zu erforschen. Das Projekt untersuchte die Art und Weise, wie junge Menschen aus Deutschland, Großbritannien, der Tschechischen Republik, Ungarn und den Vereinigten Staaten Videoproduktionen produzieren, austauschen und interpretieren. Ein Aspekt war die Frage nach Elementen einer länderübergreifenden, audiovisuellen Symbolsprache. Förderung durch das Ministerium für Unterricht und Kunst, Baden-Württemberg. Mehr Informationen
Medienpädagogik und soziokulturelle Unterschiede (1997-1998)
Die Studie konzentrierte sich auf den Bereich der > aktiven Medienarbeit auf der Grundlage von Leitfaden-Interviews mit 67 Experten*innen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Das Hauptinteresse der Studie bestand darin, bisherige Erfahrungen mit medienpädagogischen Angeboten und Projekten mit Kindern und Jugendlichen aus bildungsmäßig und sozial benachteiligten Verhältnissen zu sammeln, auszuwerten und für eine konzeptionelle Weiterentwicklung der aktiven Medienarbeit zu nutzen. Gefördert durch den Medienpädagogischen Forschungsverbund Südwest (Baden-Baden). Mehr Informationen
Medienpädagogik und Inklusion
Hervorzuheben sind auch forschungsbezogene Projekte zum Themenbereich Medienpädagogik und Inklusion. In diesen Projekten, die teilweise mit Landesmitteln gefördert wurden, ging es auch um die Frage, wie Medienpädagogik einen Beitrag zur Minimierung von sozialer Benachteiligung und digitaler Ungleichheit leisten kann und welche Angebote und Konzepte für eine zielgruppensensible und inklusive Medienbildung geeignet erscheinen. Hierzu gehören auch medienpädagogische Angebote für Menschen mit Behinderungen. Aus den Projekterfahrungen entwickelten sich nachhaltige Impulse für die Hochschullehre. Mehr Informationen
Die beiden folgenden Projekte „Wir machen uns unsere eigenen Bilder!“ und „Sozialvideografie“ fanden statt, als ich in der Jugendbildungsarbeit tätig war und zeitweise die Möglichkeit hatte, Forschungsprojekte wissenschaftlich zu begleiten:
Wir machen uns unsere eigenen Bilder! (1987-1989)
Medienpädagogisches Modellprojekt im ländlichen Raum (Odenwaldkreis/ Südhessen). Jugendliche und junge Erwachsenen hatten die Möglichkeit, im Rahmen einer regionalen Medienarbeit sich mit Alltagserfahrungen in verschiedenen Lebensbereichen auseinanderzusetzen und Medien als authentische Ausdrucks- und Gestaltungsmittel kennenzulernen und für sich in lokalen und regionalen Öffentlichkeiten nutzbar zu machen. Gefördert durch die Stiftung Deutsche Jugendmarke (Bonn). Das Projekt bildete den empirischen Hintergrund für meine Dissertation über Erfahrungsproduktion mit Medien (Niesyto 1991). Mehr Informationen
Sozialvideografie (1992-1995)
Das Konzept Sozialvideografie wurde im Rahmen eines Teilprojekts des „Aktionsprogramm gegen Aggression und Gewalt“ als ergänzende Methode zu Jugendbefragungen und verschiedenen qualitativen Teilstudien an der TU Dresden (Institut für Sozialpädagogik) entwickelt (Niesyto 1997). Das wissenschaftliche Erkenntnisinteresse richtete sich auf die Exploration jugendkultureller Symbolmilieus. Hierfür wurden zwei Formen der videografischen Exploration eingesetzt: das Erstellen dokumentarisch orientierter Videoportraits durch Mitarbeiter*innen und die Eigenproduktion collageartiger Videofilme durch Jugendliche. In dem Teilprojekt hatte ich die Aufgabe einer wissenschaftlichen Beratung. Gefördert aus Bundesmitteln. Mehr Informationen
Promotionen und forschendes Lernen
Im Zusammenhang mit verschiedenen Forschungs- und Entwicklungsprojekten in der Abteilung Medienpädagogik / PH Ludwigsburg wurden auch Qualifikationsarbeiten und Promotionsstudien erstellt. Einen Überblick über die von mir begleiteten Promotionsstudien mit Hinweisen zur Veröffentlichung dieser Studien finden sich hier. Mehrere Promotionsstudien konnten im Rahmen von Qualifizierungsstellen und/oder spezieller Fördermittel finanziert werden (Hochschulmittel, Landesgraduiertenförderung, Stiftungsmittel).
Neben einem medienpädagogischen Kolloquium und einem speziellen Doktoranden*innen-Kolloquium fanden – im Kontext forschenden Lernens – für Studierende aus verschiedenen Studiengängen regelmäßig die Seminare > Forschungswerkstatt Film und digitale Medien sowie das Seminar Praxisforschung und Evaluation statt.