Frühkindliche Medienpädagogik
Medienpädagogische Themen sind unzureichend in Orientierungs- und Rahmenplänen verankert
In der Vergangenheit entstanden auf Länder- und Bundesebene diverse Modellprojekte, die Konzepte und Materialien für kreative Formen der Medienerziehung in Kindergärten entwickelten. In der Breite gesehen fehlt jedoch eine Umsetzung. Zwar gibt es in Deutschland ca. 60 Bachelor-Studiengänge im Bereich der frühkindlichen Bildung und Erziehung, aber kaum medienpädagogische Module. Fortbildungen reichen nicht aus – die Aneignung medienpädagogischer Grundlagen muss bereits in der Ausbildung von Erzieher*innen ein Thema sein.
Bezüglich der Orientierungs- und Rahmenpläne für frühkindliche Bildungseinrichtungen sind nur in einzelnen Bundesländern medienpädagogische Themen als eigenständiger Bildungsbereich verankert. Kompetenzprofile sollten (digitale) Medien als Bestandteil der Lebenswelt von Kindern und Familien verstehen und Unterschiede insbesondere mit Blick auf soziale und mediale Kontexte des Aufwachsens reflektieren. Angehende Fachkräfte sind in die Lage zu versetzen, spezifisches Medienhandeln von Kindern und Familien aufzugreifen, kritisch-konstruktiv zu begleiten und handlungsorientiert zu fördern. Dies bedeutet: Einbinden von Medien im Alltag der Kita, altersgemäße Reflexion der Medienerfahrungen, mediengestalterische Angebote machen.
Die Forderung: Medienpädagogik als eigenständiger Bildungsbereich
Auf dem Hintergrund dieser Situation hielt der > medienpädagogische Kongress 2011 als ein Ergebnis fest, dass medienpädagogische Themen altersangemessen zu formulieren und verbindlich als eigenständiger Bildungsbereich in den Orientierungs- und Rahmenplänen für frühkindliche Bildungseinrichtungen zu verankern sind (Kongressdokumentation 2011, S. 9). Begründet wurde diese Forderung mit folgender Einschätzung:
„In der frühkindlichen Lebensphase kommen Kinder vielfach im familialen Kontext mit Medien in Berührung und stehen längst als Zielgruppe im Fokus der Medienindustrie. Viele Eltern und pädagogische Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen stehen jedoch der Medienentwicklung und den Aufgaben der Medienerziehung verunsichert gegenüber. Die Gründe dafür liegen u.a. in einer bewahrpädagogischen Grundhaltung der Fachkräfte gegenüber Medien und in einer eher geringen Verbreitung von medienpädagogischen Konzepten in diesem Bereich. Aber gerade in den ersten Lebensjahren dürfen Kinder mit den vielfältigen Medieneindrücken nicht allein gelassen werden.“ (Kongress 2011, S. 8)
Für die bessere Verankerung medienpädagogischer Themen in der frühkindlichen Bildung und Erziehung ist die Qualifikation des pädagogischen Fachpersonals entscheidend. Dabei geht es vor allem um ein Verständnis, das die kreativen, gestalterischen und kommunikativen Dimensionen von Medien in den Mittelpunkt rückt. Die folgenden Fotos entstanden in der Kita, in der Julia Gethöffer arbeitet > Gespräch mit Julia Gethöffer (2011). Das mittlere Foto machte ein Kind aus der Kita-Gruppe: Blick mit der Kamera von oben ins Innere einer Flasche!
Medienpädagogik in der frühkindlichen Bildung und Erziehung an der PH Ludwigsburg
Als an der PH Ludwigsburg 2007 der neue Bachelor-Studiengang „Frühkindliche Bildung und Erziehung“ aufgebaut wurde, gelang es mit Unterstützung der damaligen Leiterin des Studiengangs, Prof’in Dr. Ursula Stenger, ein Modul „Kultur- und Medienbildung“ in dem Seminarangebot verbindlich zu verankern. Das Modul enthielt zwei Bausteine: Kulturarbeit mit Kindern bis zehn Jahren und eine medienpädagogische Grundbildung (Pflichtvorlesung). Der Beitrag von Niesyto/Stenger (2008) informiert über das Bildungsverständnis des Studiengangs und das Modul „Kultur- und Medienbildung“. Ein weiterer Artikel im Onlinemagazin „Ludwigsburger Beiträge zur Medienpädagogik“ stellt ausführlich das inhaltliche Profil des medienpädagogischen Studienangebots vor (Niesyto 2013).
Bei der Neustrukturierung des Studiengangs 2014/15 wurden die Angebote der Medienpädagogik dem Studienbereich „kindliche Weltzugänge“ zugeordnet:
„Hier ist die Medienpädagogik sowohl in Modul 8, 9 und 10 vertreten. In Modul 8 ist die Medienpädagogik an der Ringvorlesung 1 beteiligt, die gemeinsam mit der Musik-, Tanz-, Bewegungs-, Kunst- und Theaterpädagogik im ersten Semester angeboten wird. Ab dem zweiten Semester kann in Modul 9 / Baustein 1 die Pflichtvorlesung Einführung in die Medienpädagogik besucht werden, sowie in Baustein 2 ein praxisbezogenes, medienpädagogisches Seminar (Wahlveranstaltung)“ (Webseite der Abteilung Medienpädagogik).
Insgesamt lässt sich bilanzieren, dass an der PH Ludwigsburg einige Anstrengungen unternommen wurden, um in der frühkindlichen Bildung und Erziehung ein medienpädagogisches Studienangebot zu etablieren. Nachdem das Studienangebot in der ersten Phase vor allem von der Professur und mehreren Lehrbeauftragten ausgebracht wurde, konnte 2016 eine halbe Stelle für die Lehre und die Koordination des Studienangebots im medienpädagogischen Bereich eingerichtet werden: Gesine Kulcke, die sich bereits in den Jahren davor im Studiengang engagierte, betreut den Schwerpunkt Kinder und Medien.
Auf Landesebene war es bereits 2012 gelungen, bei den Beratungen des Hochschulnetzwerkes „Bildung und Erziehung in der Kindheit Baden-Württemberg“ in dem Rahmencurriculum BA Frühe Bildung Baden-Württemberg einen Bereich zur Medienpädagogik zu verankern (Baustein 16).
Dokumente
- Niesyto, Horst (2013): Medienbildung im BA-Studiengang Frühkindliche Bildung und Erziehung an der PH Ludwigsburg. In: Ludwigsburger Beiträge zur Medienpädagogik, Nr. 16 (2013) (6 Seiten).
- Dr. Jochen Hettinger (Kultusministerium Baden-Württemberg) im Gespräch mit Horst Niesyto. Das Gespräch fand am 12.10.2011 im ZKM in Karlsruhe im Rahmen der Veranstaltung „Medienbildung – früh beginnen“ statt. Tonmitschnitt (15 min) Tonleiste integrieren
- Horst Niesyto im Gespräch mit Julia Gethöffer. In: „Ludwigsburger Beiträge zur Medienpädagogik“, Ausgabe 14/2011. Julia Gethöffer studierte Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Frühförderung an der PH Ludwigsburg und leitet eine Kindertagesstätte in Stuttgart. Im Rahmen eines Lehrauftrags und von Vorträgen unterstützt sie das medienpädagogische Lehrangebot im Studiengang Bildung und Erziehung im Kindesalter an der PH Ludwigsburg. Im Interview skizziert Julia Gethöfer ihren Weg zur Medienpädagogik und stellt ihre medienpädagogischen Erfahrungen in der Kita vor.
- Rahmencurriculum BA Frühe Bildung Baden-Württemberg, hrsg. vom Hochschulnetzwerk Bildung und Erziehung in der Kindheit Baden-Württemberg. Freiburg 2012: Verlag Forschung – Entwicklung – Lehre (Mitautorenschaft, vor allem Baustein 16 zur Medienpädagogik)
- Fachtagung am 20.06.2009 zum Thema „Kindheit und Medien – Kinder, Kameras und Konzepte“
- Niesyto, Horst / Stenger, Ursula (2008): Medienbildung im neuen BA Studiengang Frühkindliche Bildung und Erziehung an der PH Ludwigsburg. In: Ludwigsburger Beiträge zur Medienpädagogik, Nr. 11 (2008) (3 Seiten).