Mediendidaktische Grundlagen für Realschulen im E-Learning-Kontext
Projektdauer: 2007-2010; Förderung: Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg und Forschungsausschuss der PH Ludwigsburg; Projektleitung: Prof. Dr. Horst Niesyto; Mitarbeiter*innen: Dr. Petra Reinhard-Hauck (mediendidaktische Praxis und Beratung), Martina von Zimmermann (Doktorandin). Das Projekt war Teil eines landesweiten Promotionskollegs E-learning in der Schule als Grundstein für lebenslanges Lernen, das an mehreren Pädagogischen Hochschulen in Baden-Württemberg stattfand.
Ausgangsüberlegungen
Bei der Antragstellung zum Projekt im Jahr 2005/06 wurde festgehalten, dass es durchaus Anstrengungen auf verschiedenen Ebenen gibt, um E-Learning in Lernarrangements an Hochschulen und Schulen zu erproben und sukzessive einzuführen. Bezogen auf die Masse der Studierenden und der Lehrer*innen war allerdings die Einschätzung, dass E-Learning nach wie vor eher eine randständige Rolle spielte. Neben generellen Vorbehalten, z.B. unter Hinweis auf die Priorität der Entwicklung personaler, dialogischer Kommunikationskompetenzen in face-to-face-Situationen, kam die ernüchternde Erfahrung, dass E-Learning nicht nur „Effizienzgewinne“ bringt, sondern in der Regel eine umfangreiche persönliche (tutorielle) Betreuung benötigt. An vielen Schulen scheiterte E-Learning an der fehlenden medienpädagogischen und mediendidaktischen Kompetenz von Lehrer*innen sowie an mangelnden Verknüpfungsfähigkeiten von Methoden-, Kommunikations- und Medienkompetenz sowie fehlenden Konzepten für schularten- und altersspezifische E-Learning-Szenarien. Hinzu kamen strukturelle Probleme bezüglich der Nutzbarkeit und Bedienbarkeit geeigneter technischer Plattformen und Software.
Um angehende Lehrer*innen für computergestützte Formen einer schülerzentrierten Unterrichtsplanung und -gestaltung vorzubereiten, erschien es notwendig, hierfür in der Hochschulausbildung wissenschaftliche und praxisbezogene Grundlagen zu vermitteln. Im Unterschied zu klassischen didaktischen Modellen, die auf die Vermittlung von systematisch wohlstrukturiertem Wissen ausgerichtet sind, sollten stärker schülerzentrierte Unterrichtsmodelle gefördert werden: Die Lernenden sollen sich das Wissen selbstständig und selbstreguliert erarbeiten. Ziel ist die Vermittlung von heuristischen Fähigkeiten des Suchens und Problemlösens in Verbindung mit einer Förderung der Lernmotivation. Ausgangspunkt ist eine Problemsituation, die einen handelnden Umgang erfordert. Nach einem sozial-konstruktivistischem Lernverständnis entwickelt sich Lernen aus Handeln und Handeln findet in sozialen Situationen statt.
Projektziele
Das übergeordnete Ziel des Promotionsprojekts bestand darin, Studierende im Bereich des Realschulstudiengangs mit mediendidaktischen Grundlagen und Arbeitsweisen im E-Learning-Kontext vertraut zu machen und sie zu befähigen, handlungsorientierte und schülerzentrierte Unterrichtsmethoden mittels E-Learning in exemplarisch ausgewählten Inhaltsbereichen zu entwickeln. Im Einzelnen ging es um folgende Ziele:
1. Mediendidaktische Grundlagen
Einsatz und Evaluation von digitalen und interaktiven Studienmaterialien zum Thema „Mediendidaktische Grundlagen“; Konkretisierung dieser Materialien für den Bereich Realschule auf dem Hintergrund des Bildungsplans in Baden-Württemberg. Ausgangspunkt war ein vorhandenes E-Learning-Konzept, das als Online-Kurs Mediendidaktik von Dr. Petra Reinhard-Hauck (Abteilung Medienpädagogik/PH Ludwigsburg) bereits entwickelt war. Dieses Konzept sollte um realschulbezogene sowie weitere bildungs- und lerntheoretische Überlegungen ergänzt und in der Hochschulehre formativ evaluiert werden (Durchführung des Kurses: Dr. Petra Reinhard-Hauck; Evaluation: Martina von Zimmermann).
2. Bereich Kompetenzbildung
Hier bestand die Aufgabe darin, die Konzepte zur Förderung schülerzentrierter Unterrichtsformen mit bisherigen E-Learning-Konzepten zu verknüpfen und ein didaktisches Modell zu entwickeln, wie unterrichtsbezogene Methodenkompetenz (u.a. Gruppenarbeit, Lernzirkel, freie Arbeit, Stationenlernen) mit Medienkompetenz (Schwerpunkte: E-Learning, visuelles Gestalten und Kommunizieren mit Medien), Fachkompetenz (exemplarischer Inhaltsbereich aus dem Bildungsplan für Realschulen) und personal-kommunikative Kompetenz (hier vor allem: Verhältnis E-Learning zu Formen der face-to-face-Kommunikation) sinnvoll verknüpft werden können.
3. Bildungsplanbezug
In Konkretisierung des Punktes 2) bestand die Aufgabe, das didaktische Modell im Hinblick auf Stärken von E-Learning zu operationalisieren (Kriterienbildung) und auf dieser Grundlage den Bildungsplan für Realschulen in Baden-Württemberg unter dem Aspekt zu analysieren, welche Inhaltsbereiche besonders für die Bearbeitung in E-Learning-Kontexten geeignet erscheinen.
Methodisch kamen in der Studie vor allem seminarbegleitende E-Portfolios, Interviews mit Studierenden, ein geschlossener und ein offener Fragebogen zum Einsatz. An dem Online-Kurs nahmen bis zu 40 Studierende je Semester teil. Der Kurs umfasste 12 Module und war im Curriculum mit drei Creditpoints ausgewiesen. Die Veranstaltung wurde formativ evaluiert und semesterweise weiterentwickelt. Im Rahmen des Promotionskollegs fanden kontinuierlich Treffen der drei Ludwigsburger Teilprojekte sowie verschiedene Austauschtreffen und Kolloquien auf Landesebene statt.
Projektergebnisse
Das medienpädagogische Teilprojekt konnte erfolgreich entwickelt und im Rahmen der Promotionsstudie von Martina von Zimmermann ausgewertet werden. So wurden die Lernziele, die einzelnen Studienmodule, das seminarbegleitende E-Portfolio zum Onlineseminar (Kontext: Moodle-Lernplattform) und die die Arbeits- und Lernprozesse systematisch und detailliert dokumentiert. Mit Blick auf die Studierenden und ihre Seminarpraxis konnte die inhaltsanalytische Auswertung von Interviews, Portfolio-Reflexionen und Fragebögen u.a. folgende Befunde ermitteln:
- die Analyse von vier Nutzertypen von Studierenden, die am Onlineseminar teilnahmen, aber auch Teilergebnisse bezüglich des Stellenwerts von Praxis bzw. Schulpraxis aus der Sicht von Studierenden,
- die problematische Situation an Schulen bezüglich Medieneinsatz und Nutzungsmöglichkeit von Computern,
- der insgesamt gute Lernerfolg bei gleichzeitig kritischer Haltung der Studierenden bezüglich des dafür notwendigen Zeitaufwands,
- die von den Studierenden als sehr positiv erfahrenen Dimensionen Ortsunabhängigkeit / freie Zeiteinteilung / gute Betreuung,
- Hinweise auf die nur begrenzte Nutzung des zur Verfügung gestellten Zusatzmaterials oder der teilweisen starken Abhängigkeit von Technik.
Wichtig sind auch die Empfehlungen für künftige pädagogisch-didaktische Konzepte von Onlineseminaren, insbesondere die Notwendigkeit, differenziertere Aufgabenstellungen anzubieten, um den unterschiedlichen Nutzertypen im Seminar gerechter zu werden und das Instrument des Portfolio durch entsprechende Unterstützungsangebote während des Studiums besser zu verankern – auch im Hinblick auf das spätere Berufsleben.
Der Onlinekurs Einführung in die Mediendidaktik ist inzwischen ein fester Bestandteil des medienpädagogisches Lehrangebots der Abteilung Medienpädagogik an der PH Ludwigsburg.
Publikationen
- von Zimmermann, Martina (2014): Mediendidaktische Grundlagen für Realschulen in E-Learning-Kontext. Hamburg. Verlag Dr. Kovac. (Dissertation) Link
- Reinhard-Hauck, Petra / von Zimmermann, Martina (2014): ‚Einführung in die Mediendidaktik‘ als Online-Seminar. In: Spary, Christiane (Hrsg.): E-Learning: Bildung 2.0? Berlin: RabenStück Verlag, S. 58-74.
- Reinhard-Hauck, Petra; von Zimmermann, Martina (2013): Einführung in die Mediendidaktik. In: Maurer, Björn/ Reinhard-Hauck, Petra/ Schluchter, Jan-René/ von Zimmermann, Martina (Hrsg.): Medienbildung in einer sich wandelnden Gesellschaft. Festschrift für Horst Niesyto. München: kopaed, S. 219-235. Link
- Lippstreu, Michael / Ufer, Jonathan / von Zimmermann, Martina (2009): Bericht zum Promotionskolleg an Pädagogischen Hochschlen in Baden-Württemberg: „E-Learning in der Schule als Grundstein für lebenslanges Lernen“. Ludwigsburger Beiträge zur Medienpädagogik, Ausgabe 12 (2009). Link
- Promotionskolleg an Pädagogischen Hochschulen in Baden-Württemberg (2007): E-Learning in der Schule als Grundstein für lebenslanges Lernen. In: Ludwigsburger Beiträge zur Medienpädagogik, Ausgabe 10 (2007). Link