Interkulturelle Medienbildung

Interkulturelle Medienbildung entwickelte sich seit Ende der 1990er Jahre zu einem Arbeitsschwerpunkt in der Medienpädagogik. Hintergrund ist die kulturelle Pluralisierung der Gesellschaft, die Zunahme der Globalisierung der Medienkommunikation (insbesondere durch das Internet), der Austausch zwischen Angehörigen unterschiedlicher Kulturen sowie die Migrations- und Fluchtthematik in Verbindung mit Fragen sozialer Ungleichheit.

Übergreifend lassen sich grundlegende Intentionen und Ziele nennen, an denen sich Aktivitäten interkultureller Medienbildung orientieren (Niesyto 2009):

  • Herstellen lebensweltlicher Bezüge, um Erfahrungen aus unterschiedlichen kulturellen und sozialen Kontexten medial zu verarbeiten
  • Einlassen auf Fremdes, Neues und Unbekanntes in selbst erstellten Medienproduktionen
  • Kreativer Selbstausdruck mit visuellen und audiovisuellen (Digital-)Medien, gerade in Bereichen, in denen Wort und Schrift in der interkulturellen Kommunikation Grenzen haben
  • Teilnahme an öffentlicher Kommunikation durch die Präsentation der erstellten Medienprodukte in unterschiedlichen Kontexten (lokale Öffentlichkeiten, Bürgerkanäle, traditionelle Massenmedien, Internet-Plattformen)
  • Stärkung von Selbstwertgefühlen und Selbstwirksamkeit; Förderung sozialen Lernens
  • Reflexion eigener kultureller Deutungsmuster
  • Entwicklung von Kompetenzen zur Medienkritik, zum Durchschauen von medialen Wirkungs- und Manipulationsmöglichkeiten, z. B. von sog. „Ausländerbildern“ und stereotypen medienkulturellen Mustern.

In der Medienpädagogik hat sich die > aktive Medienarbeit als ein besonders geeigneter Weg bewährt, um eigene Bedürfnisse, Themen und Erfahrungen zu artikulieren. Die aktive Medienarbeit ist auch für die interkulturelle Medienbildung wichtig. Als Arbeitsprinzipien haben sich z.B. in der Medienarbeit mit Kindern und Jugendlichen aus Migrationskontexten in mehreren Projekten als sinnvoll erwiesen: Orientierung an Genres, die den Kindern/Jugendlichen bekannt sind; Förderung spielerisch-experimenteller Formen der Mediengestaltung; Erklären von medialen Darstellungsmöglichkeiten am praktischen Material (Niesyto/Holzwarth/Maurer 2007). Auch die Verknüpfung von Sprach- mit Medienkompetenzförderung ist wichtig, um in kleinen Gruppen verschiedene Kommunikationsformen und soziale Lernprozesse zu unterstützen (siehe hierzu das Buch „Spiel–Film– Sprache“ von Holdorf/Maurer 2020 Link).

Die folgenden Publikationen beinhalten zum einen grundsätzliche Überlegungen zu den Intentionen und Arbeitsformen interkultureller Medienbildung (Niesyto 2006 und 2009). Die Beiträge über die Projekte > VideoCulture und > CHICAM vermitteln zugleich Einblicke in die konkrete Praxis anhand aktivierender Medienprojekte. Es ist wichtig, Angebote interkultureller Medienbildung fest im Seminarangebot an Hochschulen zu verankern, damit Pädagog*innen in verschiedenen beruflichen Handlungsfeldern entsprechende Impulse geben können. So hat Dr. Peter Holzwarth, der in den Projekten VideoCulture und CHICAM aktiv mitwirkte, seit vielen Jahren an der PH Ludwigsburg einen Lehrauftrag im Bereich interkulturelle Medienbildung und Migration.


Publikationen

  • Niesyto, Horst (2012): Medien und interkulturelle Bildung – Kriterien aus medienpädagogischer Perspektive. In: Medien, Macht und Religionen. Herausforderung für interkulturelle Bildung, hrsg. von Manfred L. Pirner, Johannes Lähnemann, Werner Haußmann. Pädagogische Beiträge zur Kulturbegegnung, Band 29. Berlin: EB-Verlag, S. 246-254.
  • Niesyto, Horst (2009): Interkulturelle Medienbildung. In: Handbuch der Erziehungswissenschaft, hrsg. von Gerhard Mertens, Ursula Frost, Winfried Böhm, Volker Ladenthien. Band III/2, bearbeitet von Norbert Meder, Cristina Allemann-Ghionda, Uwe Uhlendorff, Gerhard Mertens. Paderborn: Verlag Ferdinand Schöningh, S.863-870.
  • Holzwarth, Peter / Niesyto, Horst (2008): Präsentativer und diskursiver Selbstausdruck junger Migranten und Migrantinnen im Kontext verschiedener (medien-)kultureller Ressourcen (Peter Holzwarth, Horst Niesyto). In: Forum Qualitative Sozialforschung, Volume 9, No. 3, Art. 10 (2008) (28 Seiten). Link
  • Niesyto, Horst / Holzwarth, Peter / Maurer, Björn (Hrsg.) (2007): Interkulturelle Kommunikation mit Foto und Video. Ergebnisse des EU-Projekts CHCICAM „Children in Communication about Migration“, hrsg. von Horst Niesyto, Peter Holzwarth, Björn Maurer. Schriftenreihe Medienpädagogische Praxisforschung, Band 2. München: kopaed. ISBN: 978-3-86736-050-0 (136 Seiten). Onlineversion (open access) Darin folgende Beiträge:
    • Niesyto, Horst (2007): Interkulturelle Kommunikation und Medienbildung, S. 13-19.
    • Niesyto, Horst / Holzwarth, Peter (2007): Idee, Konzeption und Verlauf des EU-Projekts CHICAM, S. 21-27.
    • Niesyto, Horst (2007): Medienpädagogische Erfahrungen im EU-Projekt CHICAM, S. 57-79.
    • Holzwarth, Peter / Niesyto, Horst (2007): Hinweise zur Gestaltung mediengestützter Forschungsprojekte von Studierenden, S. 81-100.
  • Niesyto, Horst (2006): Chancen und Perspektiven interkultureller Medienpädagogik. In: Medienbildung in der Migrationsgesellschaft, hrsg. von Kai Uwe Hugger und Dagmar Hoffmann. Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur e.V. (GMK). Schriften zur Medienpädagogik, Band 39. Bielefeld: AJZ Druck + Verlag, S. 64-76.
  • Niesyto, Horst (2003): VideoCulture – Projektentwicklung und Projektergebnisse. In: VideoCulture – Video und interkulturelle Kommunikation. Grundlagen, Methoden und Ergebnisse eines internationalen Forschungsprojekts, hrsg. von Horst Niesyto. München: kopaed, S. 15-110. Onlineversion (open access)
  • Niesyto, Horst / Buckingham, David / Fisherkeller, JoEllen (2003): VideoCulture: Crossing Borders with Young People’s Video Production. In: Television & New Media. Volume 4, Issue 4 (November 2003): pp. 461-482. Link
  • Niesyto, Horst (2001): VideoCulture: conclusions and key findings. In: Journal of Educational Media. Vol. 26, Nr. 3, October 2001. Special Issue: The VideoCulture Project. London: Taylor & Francis, pg. 217-225. Preprint

Medienarbeit mit Kindern in Migrations- und interkulturellen Kontexten (2018): Auszug aus einem Statement für einen medienpädagogischen Online-Kurs der Virtuellen Hochschule Bayern (04:02 min)


Vorträge

  • 31.03.2017, Köln: Fachtagung „Migration im Bild“. Veranstalter: Humanwissenschaftliche Fakultät der Universität zu Köln. Plenumsvortrag: „Potenziale von Bildern in der pädagogischen Forschung und Praxis“
  • 29.09.-02.10.2010, Nürnberg: Internationales Nürnberger Forum „Medien, Macht  und Religionen. Herausforderungen für interkulturelle Bildung“. Veranstalter: Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Lehrstuhl für Religionspädagogik. Plenumsvortrag: „Medien und interkulturelles Lernen – Kriterien aus medienpädagogischer Perspektive“ (01.10.2010)
  • 04.12.2008, Berlin: Jahreskongress Vision Kino: „Film – Kompetenz – Bildung“. Veranstalter: Vision Kino. Vortrag: „Filmbildung in der interkulturellen Kinder- und Jugendbildung“
  • 19.09.2007, Mainz: Fachtagung: „Ganztagsschule auf dem Weg zur Medienkompetenz“. Veranstalter: Landeszentrale für Medien und Kommunikation und Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Jugend und Kultur. Plenumsvortrag: „Die Relevanz der Medienpädagogik für Schule heute: Erfahrungswerte aus Projekten interkultureller Medienarbeit“
  • 20.09.2006, Bonn: Fachtagung: „Lernen, Migration und digitale Medien“. Veranstalter: Initiative „Schulen ans Netz e.V.“ Vortrag: „Interkulturelle Medienpädagogik“
  • 19.11.2005, Bielefeld: Forum Kommunikationskultur: „Migration, Globalisierung und Medien. Neue Konzepte für Pädagogik und Bildung“. Veranstalter: Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK). Plenumsvortrag: „Chancen und Perspektiven interkultureller Medienpädagogik“ (überarbeitete Version des Manuskripts mit einzelnen Vortragsfolien) Abstract:

(…) Im ersten Teil werde ich auf die aktuellen Jugendunruhen in Frankreich und ihre Bedeutung für unsere Situation in Deutschland eingehen. Daran anschließend werde ich in einem zweiten Teil etwas zum Grundverständnis und den Zielen bisheriger Aktivitäten im Bereich der interkulturellen Bildung und Medienbildung sagen. Hierzu gehören auch kritische Punkte, die in Fachdiskussionen immer wieder genannt werden. Dies betrifft vor allem die Frage, wie Kinder und Jugendliche aus sozial und bildungsmäßig benachteiligten Milieus durch Angebote interkultureller Medienbildung erreicht werden können. In einem dritten Teil werde ich dann ausgewählte Befunde und Beispiele aus interkulturellen Praxisforschungsprojekten vorstellen, die wir in den vergangenen Jahren in Ludwigsburg machten. Hier geht es mir vor allem darum, konzeptionelle Überlegungen zu einer subjektorientierten Medienarbeit mit Kindern und Jugendlichen aus Migrationskontexten zu verdeutlichen.“

Schaubild: Peter Holzwarth (vgl. Vortrag H. Niesyto 2005, Teil 3.2)

  • 06./07.07.2001, Ilmenau: Fachtagung „Medienidentitäten: Identität im Kontext von Globalisierung und Medienkultur“. Veranstalter: Fachgruppe Soziologie der Medienkommunikation der Deutschen Gesellschaft für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft; Fachgruppe Qualitative Medien- und Kommunikationsforschung der Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK). Vortrag: „Selbstausdruck und Identitätskonstruktion im Kontext interkultureller Kommunikation mit Video“ (06.07.2001, zusammen mit Peter Holzwarth)
  • 31.01.2001, London: Symposium zum Projekt „VideoCulture – Video und interkulturelle Kommunikation“. Veranstalter: Institute of Education (University of London) and Depart. Media Education (Ludwigsburg University of Education). Vortrag: “VideoCulture – Video and intercultural Communication”